Sachlicher Grund muss vorliegen
Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis nur dann befristet werden, wenn ein sachlicher Grund die Befristung rechtfertigt (§ 14 Abs. 1 S. 1TzBfG). Wann ein sachlicher Grund vorliegt, dafür führt das Teilzeitbefristungsgesetz verschiedene Beispiele auf (§ 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG). Diese sind aber keineswegs abschließend. Ein sachlicher Befristungsgrund kann also auch in weiteren Fällen vorliegen. Unter anderem ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer eingestellt wird, um einen anderen Arbeitnehmer zu vertreten (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG).Liegt kein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses vor, und ist diese auch nicht ausnahmsweise ohne sachlichen Grund möglich (§ 14 Abs. 2 TzBfG), gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Dauer geschlossen (§ 16 TzBfG).
Vertretungsfall Krankheit, Freistellung, Elternzeit
In der Praxis liegt ein Befristungsgrund gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG zum Beispiel vor, wenn ein Arbeitnehmer als Vertretung für einen wegen Krankheit lang ausfallenden anderen Arbeitnehmers eingestellt wird. Aber auch die Vertretung eines Arbeitnehmers, der als Mitglied des Betriebsrates für die Dauer seiner Amtszeit freigestellt wird, ist nach dieser Vorschrift möglich. Muss ein Arbeitnehmer, der wegen Elternzeit ausfällt, vertreten werden, legt § 21 BEEG fest, dass dies einen sachlichen Grund für die Befristung darstellt. Für eine zulässige Befristung gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG muss bei der jeweiligen Befristungsabrede der Vertretungsfall auch tatsächlich vorliegen. Dies kann in der Praxis zur Folge haben, dass ein Arbeitnehmer immer wieder befristet eingestellt wird, wenn bei dem Arbeitgeber ständig Arbeitskräfte ausfallen.
Aktuelles EuGH-Urteil
Der EuGH hat hierzu mit Urteil vom 26.01.2012 (Az.: C 586/10) entschieden, dass auch die Aneinanderreihung einer Vielzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen grundsätzlich möglich sein kann. Im konkreten Fall war die Klägerin beim Land Nordrhein-Westfalen aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen von 1996 bis 2007 beschäftigt. Alleine die hohe Anzahl befristeter Arbeitsverträge führe weder allgemein noch in diesem konkreten Fall automatisch zur Unwirksamkeit der Befristung. Die Frage, ob missbräuchlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, Arbeitsverträge auf den Sachgrund der Vertretung zu stützen, und die Befristung daher unwirksam ist, müsse deshalb im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.
Mittelbare Vertretung
Weiter muss der zur Vertretung eingestellte Arbeitnehmer nicht unbedingt den konkreten Arbeitsplatz des zu vertretenden Arbeitnehmers einnehmen. Er muss auch nicht zwangläufig dessen Aufgaben erfüllen. Die Rechtsprechung lässt vielmehr neben der unmittelbaren Vertretung auch die sogenannte mittelbare Vertretung für eine rechtmäßige Befristung ausreichen. Dies bedeutet, die Aufgaben des vorübergehend ausfallenden Arbeitnehmers kann auch von einem bereits beschäftigten Kollegen ausgeübt werden. Für die Rechtmäßigkeit der Befristung des zur Vertretung eingestellten Kollegen ist in diesem Fall allerdings erforderlich, dass der Arbeitgeber die Vertretungskette – also die Kausalität zwischen dem Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters – darlegen und im Streitfall auch beweisen kann.
Relevanz für die Arbeit des Betriebsrates
Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu der Einstellung eines Vertreters auch dann nicht gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn der Vertretungsfall gar nicht gegeben ist und somit kein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt. Zwar kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Einstellung verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt. Aber Voraussetzung des Zustimmungsverweigerungsrechtes nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist, dass die Beschäftigung als solche gegen ein Gesetz verstößt. Der Inhalt des Arbeitsvertrages unterliegt hingegen nicht der Kontrolle des Betriebsrates.
Soll allerdings eine Stelle im Betrieb unbefristet besetzt werden, kann der Betriebsrat seine Verweigerung der Zustimmung zu der Einstellung auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG stützen, wenn der zur Vertretung befristet Beschäftigte nicht bevorzugt berücksichtigt wurde. Denn in diesem Fall würde die Nichtberücksichtigung des befristet Beschäftigten infolge der unbefristeten Einstellung eines anderen Arbeitnehmers einen Nachteil im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG darstellen.
Darüber hinaus kann der Betriebsrat weiteren Einfluss auf den Arbeitgeber nehmen, um den Missbrauch von Befristungen zu verhindern. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitgeber Maßnahmen beantragen, die der Belegschaft dienen. Denkbar ist folglich, dass der Betriebsrat beim Arbeitgeber beantragt, dass Kollegen, die bereits mehrfach als Vertretungskräfte befristet eingestellt wurden, einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten bekommen.
Schließlich kann der Betriebsrat den Arbeitnehmer über die rechtlichen Voraussetzungen von Befristungen und die Rechtsfolgen unwirksamer Befristungen aufklären. In diesem Rahmen sollte er den Arbeitnehmer unbedingt auch darauf hinweisen, dass die Rechtsunwirksamkeit der Befristung gem. § 17 TzBfG nur durch Erhebung einer Feststellungsklage beim Arbeitsgericht bis drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Arbeitsvertrages möglich ist. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Befristung gem. § 17 S. 2 TzBfG in Verbindung mit § 7 KSchG als von Anfang an wirksam.
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Autor
Rechtsanwalt Jason Schomaker beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Individual- und Kollektivarbeitsrecht. Daneben ist er als Fachautor für arbeitsrechtliche Themen sowie als Dozent für Betriebsratsseminare und Fachanwaltslehrgänge für Arbeitsrecht tätig.
www.kanzlei-schomaker.de