Zahlung von Tantiemen an freigestelltes BR-Mitglied?

Worum geht es?In unserem Hause wird einmal jährlich an „verdiente“ Mitarbeiter eine freiwillige Tantiemezahlung geleistet. Kann ein freigestelltes BR-Mitglied, das in der Vergangenheit regelmäßig Tantieme erhalten hat, auf die Tantiemezahlung bestehen? Eine Vergleichbarkeit mit anderen Mitarbeitern ist aufgrund der exponierten Stelle nicht mehr möglich, bedeutet jedoch durch die Freistellung eine finanzielle Schlechterstellung.

Das sagt der Experte!In § 78 Satz 2 BetrVG ist geregelt, dass Betriebsräte nicht wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt werden dürfen. Für freigestellte BR-Mitglieder haben die Arbeitsgerichte hieraus seit vielen Jahren völlig einstimmig geschlossen, dass speziell freigestellte BR-Mitglieder in ihrer beruflichen Entwicklung (und auch der gesamten Lohnentwicklung) nicht schlechter gestellt werden dürfen als nicht freigestellte Arbeitnehmer und im Zweifelsfall so behandelt werden müssen, wie ihre hypothetische Entwicklung ohne Freistellung gewesen wäre.Hat Ihr BR-Kollege in der Vergangenheit vor Freistellung Tantiemezahlungen bekommen, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er diese ohne Freistellung auch weiterhin erhalten hätte, zumindest wenn andere Kollegen auch Tantieme bekommen.Auf die Freiwilligkeit kommt es dann nicht an; die Nichtzahlung an den BR-Kollegen wäre eine Benachteiligung nach § 78 BetrVG.Das einzige, was aus meiner Sicht gegen einen Tantiemeanspruch sprechen könnte, wäre ggf. die Stelle selbst – wenn also der freigestellte Kollege eine ganz besondere Stelle besetzen würde, für die Tantiemezahlungen, anders als bei anderen Kollegen, grundsätzlich nicht in Frage kommen; dies müsste dann aber offiziell auch eine andere Stelle sein als die, für die er vor seiner Freistellung Tantieme bekommen hat.Die Tantieme kann der betroffene Kollege zum einen ganz regulär in seiner Rolle als normaler Arbeitnehmer vom Arbeitgeber einfordern und ggf gerichtlich einklagen; alternativ kann der Betriebsrat versuchen, dies mit dem Hinweis auf § 78 als ureigene Betriebsratsangelegenheit beim Arbeitgeber anzusprechen.

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