Wer in seinem Urlaub Betriebsratsarbeit verrichtet, hat laut Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz „keinen Anspruch auf zusätzliche Arbeitsbefreiung“. Entsprechend könne der jeweilige Arbeitnehmer auch nicht verlangen, dass die entsprechenden Zeiten seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden (Az.: 5 Sa 255/23).

In einem Verpackungsunternehmen hatte der Vorsitzende des fünfköpfigen Betriebsrats Ende November 2022 für die Zeit vom 19. bis 23.12. d.J. Urlaub eingereicht und bewilligt bekommen. Kurz darauf informierte er den Arbeitgeber, dass am 21.12. eine Betriebsversammlung bevorstehe.

Nachdem diese auch tatsächlich stattgefunden hatte, beantragte der Mann eine Gutschrift von insgesamt 18,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto. Er habe während seines genehmigten Urlaubs die Versammlung vor- und bereitet sowie geleitet, den Urlaub also unterbrochen und damit Betriebsratstätigkeiten ausgeübt.

Als das Unternehmen dann die Gutschrift verweigerte, da eine einseitige Urlaubsrücknahme nicht möglich sei, klagte der Mann.

Betriebsratsarbeit trotz Urlaub: Keine Arbeitspflicht, keine Zeitgutschrift?

Das Arbeitsgericht Trier wies die Klage jedoch ab: Da der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs ohnehin nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet sei, bestehe auch kein Anspruch auf Freistellung oder Zeitgutschrift gemäß § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG (Ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsversäumnis).

Gegen die Entscheidung zog der Betriebsratsvorsitzende vor das Landesarbeitsgericht (LAG) und berief sich dabei unter anderem darauf, es gebe im Betrieb in diesem Zusammenhang eine betriebliche Übung. Betriebsratsmitglieder hätten während ihres Urlaubs schon häufiger Gremientätigkeiten ausgeübt und dafür Zeitgutschriften erhalten.

Zudem sei das Betriebsratsmandat ein Ehrenamt, weshalb die dafür aufgewendete Zeit wie Arbeitszeit behandelt werden müsse – dies, zumal Betriebsratssitzungen und -veranstaltungen „keiner Zustimmung des Arbeitgebers“ bedürften. Die Vorinstanz habe deshalb „rechtsfehlerhaft“ entschieden.

LAG folgt Vorinstanz

Das aber ließ die Kammer am LAG nicht gelten: Ein Anspruch auf Zeitgutschrift gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG ergebe sich in diesem Fall nicht, da der Mann „in seinem Erholungsurlaub nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet“, sondern „zum Zwecke der Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub (…) bereits von der Arbeit befreit“ war.

Die Richterinnen und Richter betonten zudem, dass es sich hier auch nicht um Betriebsratsarbeit außerhalb der Arbeitszeit gehandelt hab. Denn § 37 Abs. 3 BetrVG erlaube einen Zeit- bzw. Vergütungsausgleich nur dann, wenn jemand aus „betriebsbedingten Gründen“ außerhalb der üblichen Zeiten für das Gremium tätig werde.

Daran fehle es vorliegend aber: Insofern laufe der Anspruch ins Leere, „wenn sich ein Betriebsratsmitglied – wie hier der Kläger – entschließt, während seines Erholungsurlaubs Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen“.

Hinzukomme, dass Arbeitnehmervertreter zwar in der Tat ein Ehrenamt ausüben. Damit – und mit dem Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot aus § 78 BetrVG – sei es allerdings „nicht vereinbar, dass Betriebsratsmitglieder durch ihre Betriebsratstätigkeit zusätzliche Vergütungsansprüche erwerben“.

Keine betriebliche Übung

Eine betriebliche Übung für einen Anspruch auf Zeitgutschrift konnte das LAG ebenfalls nicht erkennen: Zwar habe der Mann einzelne Fälle aufgezeigt, in denen der Arbeitgeber sich quasi kulant zeigte. Das aber reiche nicht, um auf eine dauerhafte Verpflichtung des Arbeitsgebers zu schließen. Und selbst wenn dies der Fäll wäre, blieben nach Ansicht der Richterinnen und Richter rechtliche Bedenken:

„Schließlich bestehen auch Zweifel daran, ob ein durch betriebliche Übung begründeter vertraglicher Anspruch auf Stundengutschriften mit dem Bevorzugungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG vereinbar wäre.“

Insofern könne sich der der Mann seine Stunden nicht anrechnen bzw. gutschreiben lassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13.06.2024 (Az.: 5 Sa 255/23).

Vorinstanz: Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 04.10.2023 (Az.: 1 Ca 189/23).

Info

Wie sich aus einer Veröffentlichung in der Landesrechtsdatenbank Rheinland-Pfalz ergibt, wurde gegen die Entscheidung am 12.08.2024 vor dem Bundesarbeitsgericht eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese ist – Stand jetzt – dort unter dem Aktenzeichen 7 AZN 442/24 anhängig.

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