Nachdem das Betriebsverfassungsgesetz im Sommer in Teilen geändert wurde, sind nun auch die Regeln zur Vorbereitung und Ablauf von Betriebsratswahlen angepasst worden. Die am Freitag vom Bundesrat geänderte Wahlordnung (WO) erlaubt etwa künftig in manchen Fällen auch digitale Sitzungen des Wahlvorstands. Briefwahl und Auszählung hingegen sollen klarer geregelt werden. Wir stellen die Neuregungen vor.

Sitzungen des Wahlvorstandes

Ordentliche, nicht-öffentliche Zusammenkünfte des Wahlvorstands sollen – analog zu Betriebsratssitzungen – laut dem neuen § 1 Abs. 3 WO grundsätzlich als Präsenzsitzung stattfinden. Digitale Sitzungen per Video- und Telefonkonferenz sind in Zukunft nunmehr gemäß § 1 Abs. 4 WO erlaubt, wenn dabei die Vertraulichkeit gewahrt ist und der Wahlvorstand das Sitzungsformat gesondert beschlossen hat. Vorgaben in einer Geschäftsordnung bedarf es dabei nicht.

Für bestimmte Sachverhalte ist eine Präsenzsitzung allerdings auch künftig Pflicht. Dies sind

  • Sitzungen auf Wahlversammlung gemäß § 14a Abs. 1 Satz 2 BetrVG
  • Sitzungen zur Prüfung eingereichter Vorschlagslisten laut § 7 Abs. 2 Satz 2 WO sowie
  • Sitzungen zur Durchführung eines Losverfahrens nach § 10 Abs. 1 WO.

Zudem müssen auch die Stimmauszählung (§ 13 WO bzw. § 34 Abs. 3 WO) sowie die Bearbeitung der Briefwahlunterlagen (§ 26 Abs. 1 WO bzw. § 35 Abs. 4 WO), die ja öffentlich sind, auf jeden Fall als Präsenz-Treffen stattfinden.

Wählerliste und Wahlausschreiben

In der Wählerliste müssen Wahlberechtigte, die nicht kandieren dürfen (also Arbeitnehmer unter 18 Jahren und Leiharbeitnehmer) gesondert ausgewiesen werden (§ 2 Abs. 1 Satz 3 WO). Zudem muss klargestellt werden, dass diese Personen nur das aktive Wahlrecht haben – also selbst wählen können.

Änderungen an der Wählerliste waren in eng begrenzten Fällen bislang nur bis zum Vortag der Stimmabgabe möglich. Laut § 4 Abs. 3 WO kann der Wahlvorstand nun Korrekturen wegen Schreibfehlern, offensichtlichen Unrichtigkeiten, erfolgreichen Einsprüchen oder Personalveränderungen (Eintritt in bzw. Ausscheiden aus dem Betrieb) auch bis zum Ende der Stimmabgabe vornehmen.

Etwas mehr Arbeit gibt es künftig beim Wahlausschreiben:

  • Zum einen muss hier in Zukunft der Hinweis enthalten sein, dass arbeitnehmerseitige Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste ohne vorherigen Einspruch ausgeschlossen sind und auch Arbeitgeber nicht gegen Fehler vorgehen können, die auf ihren eigenen Angaben beruhen (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 1 bzw. 2 BetrVG).
  • Zum anderen besagt § 3 Abs. 4 WO nunmehr, dass der Wahlvorstand das Wahlausschreiben den in § 24 Abs. 2 WO genannten Arbeitnehmern „postalisch oder elektronisch“ zukommen lassen muss. Gemeint sind damit alle diejenigen, die am Wahltag voraussichtlich nicht im Betrieb sein werden – als Vertriebler, dauerhaft im Home-Office Arbeitende sowie Langzeiterkrankte oder Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis ruht (z.B. wegen Elternzeit, Pflegezeit oder Sabbatical). Die entsprechenden Informationen muss der Arbeitgeber bereitstellen – und darf das auch nicht mit Verweis auf den Datenschutz verweigern.
    Praxistipp: Diesen Kolleginnen und Kollegen muss der Wahlvorstand später auch ungefragt Briefwahlunterlagen zusenden.

Stimmabgabe und Auszählung

Arbeitserleichterungen und womöglich mehr Rechtssicherheit bieten ggf. die neuen Vorgaben zum eigentlichen Wahlakt:

  • Wer vor Ort im Betrieb wählt, kann seinen Stimmzettel künftig direkt in die Urne werfen. Dabei muss das Blatt so gefaltet sein, dass das Abstimmungsverhalten unsichtbar bleibt (vgl. §§ 11, 20 und 34 WO). Wahlumschläge sind hier – ähnlich wie bei vielen politischen Wahlen nicht mehr nötig. Das soll Zeit und Ressourcen sparen und Fehler zu vermeiden helfen.
  • Wichtig ist eine Änderung beim Umgang mit Briefwahlstimmen. Hier bestimmen § 26 Abs. 1 und § 35 Abs. 4 fortan, das die eingegangenen Freiumschläge zu „Beginn der öffentlichen Sitzung“ zur Stimmauszählung geöffnet, kontrolliert und gültige „Stimmzettel in die bis dahin versiegelte Wahlurne“ gelegt werden sollen. Bislang musste das unmittelbar vor Abstimmungsende geschehen.

Uhrzeit für Fristende

Wahlvorstände dürfen nunmehr auch von Gesetz wegen eine Uhrzeit festlegen, bis zu der am letzten Tag der jeweiligen First Wahlvorschläge, Einwendungen oder Widersprüche eingehen müssen. Diese darf aber laut dem neuen § 41 Abs. 2 WO „nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler an diesem Tag liegen“. In der Vergangenheit hatte es deshalb immer wieder Unklarheiten und auch Prozesse gegeben (wir berichteten).

Die Änderungen treten am Tag nach Veröffentlichung der novellierten Wahlordnung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Alle Details finden sich in der Drucksache 666/21 auf den Seiten des Bundesrates.

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